Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg hat entschieden, dass Erben uneingeschränkten Zugriff auf das Instagram-Konto eines Verstorbenen erhalten können, einschließlich der aktiven Nutzungsmöglichkeit. Bislang hat Meta, das Unternehmen hinter Instagram, Konten von Verstorbenen in den sogenannten Gedenkzustand versetzt. In diesem Modus bleibt der Account sichtbar, Nutzer können sich aber nicht mehr einloggen oder Inhalte posten.
In dem vom OLG entschiedenen Fall ging es um die Ehefrau und Alleinerbin des 2017 verstorbenen DSDS-Gewinners Alphonso Williams. Nachdem Meta 2022 von seinem Tod erfahren hatte, wurde sein Instagram-Account in den Gedenkzustand versetzt, obwohl die Ehefrau ihn zuvor weiter genutzt hatte. Daraufhin versuchte sie, den Zugang wieder zu erlangen und erhob Klage gegen Meta, vertreten durch die Kanzlei White & Case LLP. Während das Landgericht Oldenburg ihr zunächst nur ein Leserecht einräumte, ging das Oberlandesgericht darüber hinaus und sprach ihr den uneingeschränkten Zugang einschließlich der Möglichkeit, aktiv Inhalte einzustellen, zu.
Laut Rechtsanwältin Larissa Rus von der Media Kanzlei Frankfurt, die die Erbin vertrat, ist das Urteil von großer Bedeutung, da es bislang keine höchstrichterliche Entscheidung gab, die auch den aktiven Zugriff von Erben klärte.
Gesamtrechtsnachfolge und technische Leistungen der Meta
Das OLG begründete seine Entscheidung damit, dass die Erbin in das Vertragsverhältnis zwischen Meta und dem Erblasser eintrete. Es berief sich dabei auf ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2018, das die Vererblichkeit des Rechts auf Zugang zu einem Social-Media-Account bestätigte. Dieses Vertragsverhältnis umfasse sowohl passive Leserechte als auch aktive Nutzungsrechte.
Meta argumentierte, dass die Leistungen des Unternehmens personenbezogen seien und eine aktive Nutzung durch die Erben ausgeschlossen sein müsse. Dem widersprach das OLG. Die Leistungen von Meta seien rein technischer Natur – etwa die Bereitstellung einer Plattform und die Veröffentlichung von Inhalten. Da diese Leistungen auch gegenüber Erben unverändert erbracht werden könnten, sah das Gericht keinen Grund, den aktiven Zugriff zu verweigern“ erläutert Rechtsanwalt István Cocron.
Keine Übertragbarkeit auf Girokonten
Das LG Oldenburg hatte seine Zugangsbeschränkung mit der Rechtsprechung des BGH zu Giroverträgen begründet, wonach das Vertrauensverhältnis zwischen Bank und Kunde eine Rolle spiele. Das OLG wies diesen Vergleich zurück: Zwischen Meta und dem Inhaber eines Instagram-Accounts bestehe kein vergleichbares Vertrauensverhältnis. Anders als bei einer Bank vertraue der Nutzer Meta weder Vermögenswerte an, noch sei das Vertragsverhältnis von besonderem Vertrauen geprägt.
Bedeutung des Urteils
Das OLG sieht keine rechtlichen Hindernisse, die einer aktiven Nutzung durch die Erben entgegenstehen und hält das Vertragsverhältnis zwischen Meta und dem Erblasser für vergleichbar mit anderen Vertragsverhältnissen, bei denen Pflichten und Rechte auf die Erben übergehen. „Das Urteil könnte daher weitreichende Folgen für den Umgang mit digitalen Nachlässen haben“ so Rechtsanwalt Cocron.