BGH-Urteil zu Schneeballsystemen – Neue Perspektiven auch für Glücksspielgeschädigte?

Was Sie jetzt wissen sollten – und warum das Urteil des Bundesgerichtshofs für viele Betroffene wegweisend sein könnte, Am 6. März 2025 hat der Bundesgerichtshof (Az. III ZR 137/24) ein Urteil gefällt, das weit über den entschiedenen Einzelfall hinaus Bedeutung haben dürfte. Die Richter beschäftigten sich mit der Frage, ob eine Gesellschaft für betrügerische Handlungen ihres Vorstands haften muss – konkret: ob ein von einem Organ der Gesellschaft aufgebautes Schneeballsystem eine Durchgriffshaftung auf die Gesellschaft begründet.

Die Antwort des Gerichts:

Ja, die Gesellschaft haftet. Und zwar auch dann, wenn die betroffenen Anleger nie direkten Kontakt mit der Gesellschaft hatten. Grundlage dieser Entscheidung ist § 31 BGB, der die sogenannte Organhaftung regelt – also die Zurechnung von Pflichtverletzungen, die gesetzliche Vertreter im Namen des Unternehmens begangen haben.

Was bedeutet das konkret – und warum ist das auch für Glücksspiel-Geschädigte relevant?

Das Urteil könnte Richtung für zahlreiche Klagen gegen illegale Online-Glücksspielanbieter sein – insbesondere dann, wenn hinter der Plattform verschachtelte Firmenkonstrukte mit Sitz im Ausland stehen.

Ein zentrales Problem in solchen Fällen ist häufig:

Die Spielerinnen und Spieler wissen nicht genau, mit welchem Unternehmen sie es zu tun haben. Die Betreiber verschleiern ihre Identität oder lassen Zahlungen über Dritte abwickeln. Klagen scheitern häufig daran, dass kein direkter Bezug zum eigentlichen Schädiger hergestellt werden kann. Hier setzt das aktuelle BGH-Urteil an: Es zeigt, dass nicht zwingend ein direkter Vertrag oder Kontakt erforderlich ist, um Schadensersatzansprüche durchzusetzen – entscheidend ist vielmehr die aktive Mitwirkung eines Organmitglieds an einem rechtswidrigen Geschäftsmodell.

Parallelen zwischen Schneeballsystemen und illegalem Online-Glücksspiel

Auf den ersten Blick erscheinen Schneeballsysteme und Online-Glücksspiel als unterschiedliche Themen – strukturell gibt es jedoch deutliche Gemeinsamkeiten.

  1. In beiden Fällen basiert das Modell auf einem instabilen System, das von kontinuierlichen Geldzuflüssen lebt.
  2. Beim Schneeballsystem fließt das Geld neuer Investoren direkt an die vorherigen – beim illegalen Glücksspiel werden Einsätze ohne rechtliche Grundlage kassiert, oft ohne transparente Strukturen oder Lizenzen.
  3. Die wirtschaftliche Substanz fehlt, der Betrieb erfolgt meist aus dem Ausland – gegen deutsches Recht (vgl. § 4 GlüStV 2021).

Nicht selten treten Zahlungsdienstleister, White-Label-Anbieter oder technische Plattformbetreiber als vermeintlich „unbeteiligte Dritte“ auf – doch auch sie können haftbar gemacht werden, wenn sie das System wissentlich unterstützen.

Was bedeutet das für Betroffene?

Rechtsanwalt István Cocron, der seit vielen Jahren Opfer illegaler Online-Glücksspielplattformen vertritt, sieht in dem BGH-Urteil ein wichtiges Signal:  „Das Urteil zeigt, dass auch Unternehmen in der zweiten Reihe haftbar gemacht werden können – etwa technische Anbieter, Zahlungsabwickler oder Betreiber von White-Label-Casinos. Wer zur Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Systems beiträgt, kann nach § 31 BGB haftbar gemacht werden – auch ohne direkten Kundenkontakt.

Jetzt Ansprüche prüfen

Wer in den vergangenen Jahren bei nicht lizenzierten Online-Casinos gespielt und Verluste erlitten hat, sollte das aktuelle BGH-Urteil als Chance begreifen:

✅ Auch komplexe Unternehmensstrukturen sind angreifbar

✅ Mitwirkende Organe können Haftung des Unternehmens auslösen

✅ Direkter Vertrag mit Geschädigtem nicht zwingend Die Kanzlei Cocron berät Betroffene bundesweit – und hilft bei der Durchsetzung von Ansprüchen gegen Glücksspielanbieter und deren Gehilfen.

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