Wer ein Erbe ausschlägt, verliert grundsätzlich seine Stellung als Erbe. In bestimmten Konstellationen bleibt jedoch ein Anspruch auf den Pflichtteil erhalten – insbesondere dann, wenn der Erbe durch ein Testament benachteiligt oder enterbt wurde.
🔹 1. Der Grundsatz
Ein Pflichtteilsrecht bleibt nur dann bestehen, wenn eine beschränkte oder beschwerte Erbschaft ausgeschlagen wird.
Das gilt beispielsweise, wenn das Testament
- den Erben mit einer Auflage oder Teilungsanordnung belastet oder
- ihm weniger als den gesetzlichen Pflichtteil zubilligt.
In einem solchen Fall verliert der Erbe zwar seine Erbenstellung, behält aber seinen Anspruch auf den Pflichtteil (§ 2306 BGB).
🔹 2. Keine Pflichtteilsergänzung bei freiwilliger Ausschlagung
Wer ein unbelastetes Erbe ausschlägt – etwa weil der Nachlass überschuldet ist oder kein Interesse besteht – hat keinen Pflichtteilsanspruch.
Der Pflichtteil entsteht nur bei einer Enterbung (§ 2303 BGB).
Wer also aus freien Stücken verzichtet, enterbt sich faktisch selbst, sodass kein Pflichtteil mehr geltend gemacht werden kann.
🔹 3. Beispiel aus der Praxis
Ein Erblasser setzt seinen Sohn als Erben ein, verpflichtet ihn aber, die Mutter lebenslang zu pflegen.
Der Sohn kann die Erbschaft ausschlagen (§ 2306 Abs. 1 S. 2 BGB) und anschließend den Pflichtteil verlangen (§ 2303 BGB).
Schlägt der Sohn dagegen aus, weil der Nachlass überschuldet ist,
➡️ kein Pflichtteilsanspruch,
da in diesem Fall keine Enterbung vorliegt.
🔹 4. Sonderfall: Pflichtteilsstrafklauseln im Berliner Testament
In gemeinschaftlichen Testamenten von Ehegatten mit sogenannten Pflichtteilsstrafklauseln kann eine Ausschlagung als Geltendmachung des Pflichtteils interpretiert werden.
Dies kann beim zweiten Erbfall zu einem vollständigen Ausschluss führen.
➡️ Eine rechtliche Prüfung vor der Ausschlagung ist daher dringend zu empfehlen.
💡 Fazit:
Eine Ausschlagung sollte stets gut überlegt sein. Sie kann sinnvoll sein, wenn das Testament den Erben benachteiligt, führt aber regelmäßig zum Verlust des Pflichtteilsrechts, wenn sie ohne solche Gründe erfolgt.
Die Kanzlei Cocron unterstützt Sie bundesweit kompetent in Fragen zu Erbfolge, Ausschlagung und Pflichtteil.














