13.02.2025

Datenschutz ade?

von 

Wenn die KI hohldreht und Geschäftsbanken ihre Kunden vollautomatisiert in die Arme der Strafverfolgungsbehörden treiben.

München, den 11.02.2025

In den letzten Wochen haben sich mehrere Kolleginnen und Kollegen aus dem Bereich „Online-Glücksspielrecht“ an die Kanzlei www.ra-cocron.de gewandt und folgenden Fall geschildert:

Die betroffenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte hätten Schreiben der Polizei erhalten, in denen ihnen mitgeteilt wurde, dass gegen sie ein Ermittlungsverfahren wegen Teilnahme an unerlaubtem Online-Glücksspiel eingeleitet worden sei.

In den Schreiben der jeweiligen Polizeibehörden fand sich sinngemäß folgender Hinweis:

„Es erfolgte eine automatisierte Mitteilung Ihrer Bank aufgrund der vorliegenden Kontoauszüge, Die Teilnahme am Glücksspiel erfolgte online bei Anbietern, die nicht auf der sog. „Whitelist“ stehen und somit keine Lizenz für Deutschland besitzen“.

Keiner der Kolleginnen und Kollegen hatte jemals an Online-Glücksspielen teilgenommen,

Die Anwältinnen und Anwälte vertraten allerdings Mandanten, die bei verschiedenen Online-Glücksspielanbietern Verluste erlitten hatten. Diese Verluste konnten die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte für ihre Mandanten erfolgreich eintreiben, so dass die jeweiligen Rechtsanwälte Zahlungen von den Online-Glücksspielanbietern erhielten. Die Zahlungsverpflichtungen der Online-Glücksspielunternehmen ergaben sich dabei entweder aus rechtskräftigen Urteilen deutscher Zivilgerichte oder aus gerichtlichen Vergleichen.

Offenbar wird auf Seiten der Geschäftsbanken eine künstliche Intelligenz (KI) eingesetzt, die automatisiert Kontoauszüge von Rechtsanwaltskanzleien scannt und bei entsprechend „auffälligen“ Zahlungseingängen Kontoauszüge und die darin enthaltenen vertraulichen Daten aus den Mandatsverhältnissen sowie weitere persönliche Informationen über die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte vollautomatisiert und ohne weitere menschliche Prüfung an die Ermittlungsbehörden weiterleitet.

Dies hat zur Folge, dass eine Vielzahl unsinniger Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die nicht nur die betroffenen Kolleginnen und Kollegen sondern auch sondern auch die eh schon überlastetete Justiz und andere Behörden unnötig belasten. Im Gegensatz zur KI hätte ein menschlicher Sachbearbeiter sofort erkannt, dass es sich bei den Zahlungen auf den Kontoauszügen der betroffenen Rechtsanwältinnen nicht um Zahlungen im Zusammenhang mit der Teilnahme am illegalen Online-Glücksspiel, sondern um Zahlungen im Zusammenhang mit der Ausübung der anwaltlichen Tätigkeit handelt.

Gegen die Geschäftsbanken, die vollautomatisch falsche Verdachtsmomente produzieren, werden daher nun im ersten Schritt Beschwerdeverfahren bei den zuständigen Landesdatenschutzbehörden eingeleitet. Nach Abschluss der datenschutzrechtlichen Verfahren dürften Schadensersatzklagen der Betroffenen gegen die Anwender der unbeaufsichtigten KI folgen.

Für die Betroffenen stellt sich zudem das Problem, dass jedes Ermittlungsverfahren sowohl bei der Polizei als auch bei der Staatsanwaltschaft gespeichert wird und die Löschung der Daten oft mühsam ist und lange dauert.

Teilweise werden die vollautomatischen Verdachtsmeldungen, die offenbar ihre Grundlage im GWG (Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten) haben, den Betroffenen nie zur Kenntnis gebracht.

Vor diesem Hintergrund sollten Betroffene und vermutlich Betroffene bei den jeweiligen Landeskriminalämtern kostenfreie Auskunftsersuchen nach Art. 65 PAG stellen, um zu erfahren, welche Daten die Polizeibehörden über sie gespeichert hat.

Es stellt sich auch die Frage, wer die Kosten der Verteidigung gegen diese massenhaften falschen Verdächtigungen zu tragen hat.

Es dürfte viel dafür sprechen, dass die Nutzer der offenbar unbeaufsichtigten KI, also die beteiligten Geschäftsbanken, nicht nur die immateriellen Schäden der Betroffenen, sondern auch deren Kosten für Verteidigung und Datenbeseitigung zu tragen haben werden.

Für einen weiteren datenschutzrechtlichen Austausch stehen wir gerne zur Verfügung.

Weitere Informationen demnächst auch unter www.ra-cocron.de

Wir beraten Sie gerne – individuell und persönlich

Ja, ich habe die Daten­schutz­erklärung zur Kenntnis genom­men und bin damit ein­ver­standen, dass die von mir an­ge­ge­benen Daten elek­tro­nisch erhoben und gespei­chert werden. Meine Daten werden dabei nur streng zweck­ge­bunden zur Be­ar­bei­tung und Be­ant­wortung meiner Anfrage genutzt.

Unsere Themenseite zum Fall

Weitere News

  • Urteil zu Online Sportwetten: Schufa-G Abfrage reicht bei Limiterhöhungen nicht zur Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit aus

    München, Berlin, den 21.03.2025. Das Landgericht Lüneburg hat entschieden, dass die Schufa-G Abfrage nicht geeignet ist, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Spielers festzustellen. Eine Schuldenfreiheit gibt keine Aussage darüber, ob die überprüfte Person wirtschaftliche Leistungsfähigkeit besitzt. So können auch Personen mit geringem Einkommen Schuldenfreiheit vorweisen, obwohl sie nicht wirtschaftlich leistungsfähig sind. Eine alleinige Schufa-Abfrage erfüllt die…

    Weiterlesen
    25.03.2025
  • FAQ Online-Glücksspiele: Handlungsmöglichkeiten bei fehlender DSGVO-Auskunft

    Was ist eine DSGVO-Auskunft und warum ist sie für Online-Spieler wichtig? Die DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) gibt Ihnen das Recht zu erfahren, welche personenbezogenen Daten ein Unternehmen über Sie gespeichert hat. Bei Online-Glücksspielen umfasst dies auch Informationen über Ihre Spielaktivitäten, Einsätze, Gewinne und Verluste. Diese Auskunft ist wichtig, um die Höhe Ihrer Spielverluste nachzuweisen. Wie fordere ich…

    Weiterlesen
    25.03.2025
  • Wirex-Affäre zieht weitere Kreise – Investoren kontaktieren die BaFiN

    München, Berlin, 21.03.2024 – In Deutschland häufen sich die Beschwerden gegen den Kryptowährungs-Dienstleister Wirex. Eine wachsende Zahl von Investoren berichtet, dass ihre auf der Plattform hinterlegten digitalen Währungen nicht ausgezahlt werden können. Mehrere betroffene Anleger haben inzwischen rechtliche Maßnahmen ergriffen und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) informiert. Wirex tätig ohne deutsche Kryptoverwahrerlaubnis Besonders problematisch erscheint:…

    Weiterlesen
    25.03.2025

Bekannt aus

Wirtschafts Woche LogoHandelsblatt LogoFrankfurter Allgemeine LogoBernerZeitungBZ LogoZeit Online Logo