Testierfreiheit: Nicht alles ist erlaubt
Wer ein Testament verfasst, möchte in der Regel klare Verhältnisse schaffen. Aber nicht jede Klausel ist rechtlich wirksam. Bestimmte Formulierungen können dazu führen, dass Teile des Testaments oder sogar das gesamte Dokument unwirksam sind. Um Streit unter den Erben und teure Gerichtsverfahren zu vermeiden, sollten Sie einige Grundregeln beachten.
Grundsätzlich gilt in Deutschland der Grundsatz der Testierfreiheit. Das bedeutet: Jeder kann selbst bestimmen, wer sein Vermögen erbt und wie es verteilt wird. Allerdings gibt es gesetzliche Schranken. Bestimmte Bedingungen oder Klauseln können dazu führen, dass Erben das Testament erfolgreich anfechten.
„Viele Menschen glauben, sie könnten ihr Testament völlig frei gestalten. In der Praxis zeigt sich aber immer wieder, dass bestimmte Klauseln rechtlich nicht haltbar sind und zu Streitigkeiten führen“, erklärt Rechtsanwalt István Cocron.
Hier sind einige problematische Formulierungen, die Ihr Testament unwirksam machen können.
Ein Testament kann das Erbe an Bedingungen knüpfen, aber nicht jede Forderung ist zulässig. Die Gerichte haben bereits mehrfach entschieden, dass bestimmte Klauseln sittenwidrig und damit unwirksam sind.
1. Unzumutbare Bedingungen: Wenn der Erbe unter Druck gesetzt wird
Ebenbürtigkeitsklausel: Partnerwahl als Bedingung?
Ein prominentes Beispiel ist die so genannte Ebenbürtigkeitsklausel. Sie besagt, dass ein Erbe das Vermögen nur dann erhält, wenn er einen bestimmten Personenkreis heiratet – etwa jemanden aus derselben sozialen Schicht oder Religion. Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass dies gegen die Eheschließungsfreiheit verstößt und unzulässig ist (Az.: 1 BvR 2248/01).
Besuchsrecht für Enkel
In einem anderen Fall wollte ein Erblasser sicherstellen, dass ihn seine Enkel mindestens sechsmal im Jahr besuchen. Nur dann sollten sie erben. Das Oberlandesgericht Frankfurt sah darin jedoch eine unzulässige Einflussnahme und erklärte die Klausel für unwirksam (Az.: 20 W 98/18).
Tipp: Formulierungen, die Erben in ihrer Entscheidungsfreiheit einschränken oder unzulässigen Druck ausüben, sind riskant. Eine Alternative kann ein rechtlich weniger angreifbares Anreizsystem sein.
2. „Dieterle-Klausel“: Wer bestimmt den Nacherben?
Um den eigenen Nachlass langfristig zu steuern, greifen manche Erblasser auf die sogenannte „Dieterle-Klausel“ zurück. Dabei wird zunächst ein Vorerbe eingesetzt, der später bestimmt, wer Nacherbe wird.
Problematisch ist hierbei der Bestimmtheitsgrundsatz, wonach der Erblasser selbst bestimmen muss, wer erben soll. Allerdings zeigt die jüngere Rechtsprechung eine gewisse Öffnung: Sowohl das Kammergericht Berlin (Az.: 1 W 262/22) als auch das Oberlandesgericht Hamm (Az.: 15 W 24/19) haben die Klausel für zulässig erachtet.
Rechtsanwalt Friedrich Albrecht Lösener warnt jedoch: „Auch wenn die Gerichte diese Klauseln zunehmend akzeptieren, bleibt das Risiko bestehen, dass sie in einer späteren Entscheidung wieder gekippt werden“. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte eine klare Erbfolge festlegen.
3. Tiere als Erben? Nur über Umwege
Viele Tierfreunde möchten ihre Haustiere in ihrem Testament berücksichtigen. Doch rechtlich gesehen können Tiere nicht erben. Es gibt aber kreative Lösungen: So kann das Erbe an eine Person geknüpft werden, die sich verpflichtet, sich um das Tier zu kümmern.
Ein bekanntes Beispiel ist der Fall des Münchner Modeschöpfers Rudolph Moshammer. Er verfügte in seinem Testament, dass sein Hund Daisy bis zu seinem Tod in seiner Villa leben und versorgt werden muss.
4. Pflichtteil nicht vergessen: Wer erben muss
Auch wenn die Testierfreiheit gilt, gibt es Personen, die auf jeden Fall einen gesetzlichen Anspruch auf einen Teil des Nachlasses haben. Dazu gehören
- Ehegatten
- Kinder und Enkelkinder
- die Eltern des Erblassers (wenn keine Kinder vorhanden sind)
Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils). Wer also Familienangehörige im Testament übergehen will, muss sich darüber im Klaren sein, dass diese trotzdem Ansprüche geltend machen können.
5. Pflegeeinrichtungen als Erben: Nicht zulässig
Wer in einem Pflegeheim lebt, kann den Träger oder das Personal nicht als Erben einsetzen. Das verbietet das Landesrecht, um möglichen Missbrauch zu verhindern.
Problematisch wird es allerdings, wenn der Heimträger von dem Testament nichts wusste – dann kann das Verbot ins Leere laufen. Ob dies auch für ambulante Pflegedienste gilt, ist noch ungeklärt.
6. Vermächtnis von Gegenständen: Wenn der Nachlass nicht mehr vorhanden ist
Manche Erblasser vermachen bestimmte Gegenstände, ohne zu bedenken, dass diese zum Zeitpunkt des Todes nicht mehr zum Nachlass gehören.
Ein Beispiel: In einem Testament wird verfügt, dass eine bestimmte Immobilie an eine Person gehen soll – diese ist aber bereits verkauft. In solchen Fällen kann ein so genanntes Verschaffungsvermächtnis entstehen, das den Erben zu einer Ersatzleistung verpflichtet.
„Um solche Streitigkeiten zu vermeiden, sollte im Testament immer auch geregelt werden, was passiert, wenn ein bestimmter Gegenstand nicht mehr vorhanden ist“, rät Rechtsanwalt István Cocron.,.
Fazit: Ein Testament muss klar formuliert sein
Ein Testament ist ein wichtiges Dokument, um den eigenen Nachlass nach den eigenen Wünschen zu regeln. Unzulässige Klauseln können es jedoch unwirksam machen oder zu Streit unter den Erben führen.
Unsere Empfehlung: Lassen Sie sich frühzeitig beraten, um Fehler zu vermeiden. Ein gut durchdachtes Testament schafft Klarheit und erspart Ihren Angehörigen unangenehme Überraschungen.