Amtliche Leitsätze:
1. Ein privatschriftliches Testament kann wirksam auf mehreren losen Blättern errichtet werden, wenn sich die Einheitlichkeit der Willenserklärung aus der Gesamturkunde ergibt.
2. Der erforderliche innere Zusammenhang kann jedoch nicht allein durch die gemeinsame Aufbewahrung mit anderen Urkunden (z.B. einer Abschrift eines notariellen Testaments) hergestellt werden.
OLG Hamm, Beschluss vom 19.09.2012 – I-15 W 420/11
Zum Hintergrund:
Gemäß §§ 2247 Abs. 1, 3 BGB ist für die Wirksamkeit eines eigenhändigen Testaments die Unterschrift des Erblassers erforderlich. Wesentlich für die Unterschrift ist, dass sie den Text abschließt, auf den sie sich bezieht. Eine „Oberschrift“ genügt also nicht.
Bei einem mehrseitigen Schriftstück genügt die Unterschrift auf dem letzten Blatt, sofern die Zusammengehörigkeit der einzelnen Blätter erkennbar ist. Die Zusammengehörigkeit kann sich z. B. aus einem fortlaufenden Text oder einer Seitenangabe ergeben.
Die bloße Verbindung von Einlageblättern in einem Ringbuch mit einem Öffnungsmechanismus reicht dagegen nicht aus. “Fehlt der innere Zusammenhang zwischen den einzelnen losen Blättern und ist nur eines von ihnen unterschrieben, so gilt nur dieses Blatt als gültiges Testament. Die übrigen nicht unterschriebenen Blätter stellen kein gültiges Testament dar” erläutert Rechtsanwalt István Cocron.
Anmerkungen
1. Wenn jedes Blatt des Testaments unterschrieben ist, kann jedes Blatt als eigenständiges Testament angesehen werden. Dies könnte die Frage aufwerfen, ob ein späteres Testament ein früheres widerruft.
2. An den „inneren Zusammenhang“ sind aus Gründen der Fälschungssicherheit hohe Anforderungen zu stellen.
3. Ergänzt der Erblasser das Testament auf demselben Blatt, so muss auch diese Ergänzung durch Unterschrift abgeschlossen werden.