Weltweit verursacht Betrug mit Krypto-Anlagen jährlich Schäden in Höhe von bis zu 70 Milliarden Euro. Nahezu täglich gibt es neue Opfer, auch in Deutschland. Doch nicht selten sind die Täter zugleich Opfer, gefangen in einem Netz aus moderner Sklaverei und Cyberkriminalität.
Die perfide Masche hinter dem Betrug
Mit psychologisch ausgeklügelten Methoden werden Menschen über betrügerische Online-Plattformen zu Investments in Krypto-Währungen verleitet. Interpol-Generalsekretär Jürgen Stock beschreibt den Betrug als ein milliardenschweres Geschäft, das zunehmend durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz, etwa für Deep Fakes, perfektioniert wird. „Dabei agieren die Hintermänner oft aus Ländern mit schwacher staatlicher Kontrolle, von wo aus sie weltweit Opfer ins Visier nehmen“ erklärt Rechtsanwalt István Cocron, von der Kanzlei Cocron.
Cybersklaven: Täter und Opfer zugleich
Eine dunkle Seite des Systems ist die Ausbeutung sogenannter Cybersklaven. Menschen wie Abdus S. aus Bangladesch werden mit falschen Jobangeboten gelockt und in Betrugszentren, sogenannten Compounds, festgehalten. Abdus wurde in Kambodscha für 3.500 Dollar als Arbeitskraft verkauft und musste unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten. Seine Aufgabe: Westlichen Opfern Beziehungen vortäuschen und sie zu Investitionen in Fake-Krypto-Plattformen bewegen.
Mina Chiang, Leiterin der Beratungsfirma Human Research Consultancy, spricht von „moderner Sklaverei“. Die Hintermänner dieser Masche, bekannt als „Pig Butchering“ (Schweineschlachten), locken gut ausgebildete, aber arbeitslose Menschen aus Süd- und Südostasien in ihre Netzwerke. Diese Opfer müssen dann andere betrügen, um selbst zu überleben.
Betrugsopfer in Deutschland
Auch in Deutschland gibt es zahlreiche Opfer. Der Münchner Geschäftsmann Peter* etwa verlor mehrere Tausend Euro an eine Fake-Plattform. Eine vermeintliche Partnerin hatte ihn über eine Dating-Plattform kontaktiert und geschickt Vertrauen aufgebaut. Sie lenkte das Gespräch auf angeblichlukrative Krypto-Investments. Die Plattform zeigte nur erfundene Gewinne an, bis schließlich keine Auszahlungen mehr möglich waren.
Hürden für Ermittler
Die Ermittlungen gestalten sich schwierig, da die Taten oft im Ausland begangen werden. Oberstaatsanwalt Nino Goldbeckerklärt, dass die Datenspuren häufig nach Südostasien führen. Um die internationalen Netzwerke zu bekämpfen, hat Bayern eine Kooperation mit Interpol geschlossen. Doch ohne globale Zusammenarbeit bleiben viele Fälle ungelöst.
Sanktionen gegen Hintermänner
Die USA versuchen, durch Sanktionen gegen mutmaßliche Drahtzieher wie einen Geschäftsmann in Kambodscha Druck auszuüben. In der EU hingegen fehlt bisher ein klares Vorgehen gegen „Pig Butchering“. Ob die Bundesregierung auf europäischer Ebene aktiv wird, bleibt offen.
„Krypto-Betrug bleibt eine globale Herausforderung, die Opfer und Täter in ein Netz aus Betrug, Ausbeutung und internationaler Straflosigkeit verwickelt“ so Rechtsanwalt Cocron.