27.11.2024

Gemeinschaftliches Testament: Änderungen, Widerruf und rechtliche Grundlagen

Ehegatten entscheiden sich häufig für ein gemeinschaftliches Testament, in dem meist der überlebende Ehegatte als Alleinerbe im ersten Erbfall bestimmt wird. Dies dient oft dazu, den Nachlass nach dem Tod eines Ehegatten vor Ansprüchen entfernter Verwandter zu schützen. Solche Testamente werden in der Regel handschriftlich von einem Ehegatten verfasst und von beiden unterschrieben. Darüber hinaus werden häufig Schlusserben festgelegt, die nach dem Tod des zweiten Ehegatten erben sollen. Ein gemeinschaftliches Testament entfaltet eine ähnliche Bindungswirkung wie ein notarieller Erbvertrag. Doch was geschieht, wenn ein Ehegatte nachträglich Änderungen wünscht? Ist eine Änderung auch ohne die Zustimmung des anderen Ehegatten möglich?

Einseitige und wechselbezügliche Verfügungen

Das Bürgerliche Gesetzbuch unterscheidet zwischen einseitigen und wechselbezüglichen Verfügungen im gemeinschaftlichen Testament. Einseitige Verfügungen können von jedem Ehegatten problemlos geändert werden. Wechselbezügliche Verfügungen hingegen sind rechtlich miteinander verknüpft: Sie gelten nur dann, wenn davon auszugehen ist, dass der eine Ehegatte seine Verfügung nur aufgrund der entsprechenden Verfügung des anderen getroffen hat. Solche Verfügungen können nachträglich nur gemeinsam geändert oder widerrufen werden.

Wie erkennt man eine wechselbezügliche Verfügung?

Es ist nicht entscheidend, ob im Testament ausdrücklich steht, dass Verfügungen „wechselbezüglich“ sind. Wichtig ist vielmehr, ob eine gegenseitige Abhängigkeit zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung bestand. Gerichte prüfen dabei, ob eine Verfügung auch ohne die des anderen Ehegatten getroffen worden wäre. „Liegt keine Wechselbezüglichkeit vor, kann jeder Ehegatte ein neues Testament errichten, das das ältere gemeinschaftliche Testament aufhebt. Ist die Wechselbezüglichkeit gegeben, können Änderungen nur gemeinsam erfolgen“ erklärt Rechtsanwalt István Cocron.

Widerruf statt Änderung

Kann ein Ehegatte keine Änderung mehr vornehmen, etwa wegen einer Erkrankung oder mangelnder Zustimmung, bleibt nur die Möglichkeit des Widerrufs. Dieser muss notariell beurkundet werden und wird wirksam, sobald der andere Ehegatte Kenntnis davon erhält. Der Widerruf führt jedoch dazu, dass auch die mit der widerrufenen Verfügung verknüpfte Verfügung des anderen Ehegatten ungültig wird. Dies kann problematisch sein, wenn lediglich die Schlusserben ausgetauscht werden sollen. In solchen Fällen ist eine sorgfältige Abwägung notwendig.

Einzelne Verfügungen im Testament

Wechselbezüglichkeit betrifft nicht das Testament als Ganzes, sondern immer einzelne Verfügungen wie Erbeinsetzungen, Vermächtnisse oder Auflagen. Jede Verfügung wird gesondert geprüft, ob sie unabhängig geändert werden kann oder ob die Mitwirkung des anderen Ehegatten erforderlich ist. Damit bleibt Spielraum für Anpassungen, wenn bestimmte Teile des Testaments keine Bindungswirkung haben.

Änderungen nach dem Tod eines Ehegatten

Nach dem Tod eines Ehegatten kann eine wechselbezügliche Verfügung nicht mehr widerrufen werden. Der länger lebende Ehegatte kann sich nur noch durch Ausschlagung des Nachlasses des verstorbenen Ehegatten von der Verfügung lösen. Dies muss jedoch innerhalb der gesetzlichen Frist und in vorgeschriebener Form geschehen. Danach ist eine neue Verfügung möglich.

Fazit

Änderungen eines gemeinschaftlichen Testaments sind unter bestimmten Voraussetzungen auch einseitig möglich. Besonders bei langfristigen Testamentsregelungen ist es entscheidend, die möglichen Folgen frühzeitig zu berücksichtigen“ so Rechtsanwalt Cocron. Eine sorgfältige Planung und die Beratung durch einen erfahrenen Anwalt für Erbrecht können helfen, spätere rechtliche Konflikte oder unerwünschte Bindungen zu vermeiden.

Wir beraten Sie gerne – individuell und persönlich

Ja, ich habe die Daten­schutz­erklärung zur Kenntnis genom­men und bin damit ein­ver­standen, dass die von mir an­ge­ge­benen Daten elek­tro­nisch erhoben und gespei­chert werden. Meine Daten werden dabei nur streng zweck­ge­bunden zur Be­ar­bei­tung und Be­ant­wortung meiner Anfrage genutzt.

Unsere Themenseite zum Fall

Weitere News

  • Limitüberschreitung und Schufa-Prüfung: LG Marburg verurteilt Online-Wettanbieter zur Rückzahlung

    Das Landgericht Marburg hat ein wegweisendes Urteil im Online-Glücksspiel gefällt und damit die Rechte der Verbraucher gestärkt. In einem Verfahren, das von der Kanzlei Cocron geführt wurde, wurde ein namhafter Online-Sportwettenanbieter wegen Missachtung des gesetzlichen Einzahlungslimits zur Erstattung von über 20.000 Euro verurteilt. Hintergrund: Einzahlungslimit als Schutzinstrument Seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags 2021 (GlüStV 2021) gilt…

    Weiterlesen
    26.09.2025
  • Testament erstellen: Acht Fehler, die Sie unbedingt vermeiden sollten

    Ein Testament stellt sicher, dass Ihr Vermögen nach Ihren Wünschen verteilt wird. Fehlt eine solche Verfügung, tritt automatisch die gesetzliche Erbfolge in Kraft – oft mit Ergebnissen, die nicht dem Willen des Erblassers entsprechen. Damit Ihr letzter Wille rechtlich wirksam bleibt, sollten Sie auf folgende Punkte achten: Fazit: Wer rechtzeitig vorsorgt, erspart seinen Angehörigen Streit…

    Weiterlesen
    26.09.2025
  • Online-Coaching widerrufen: Verbraucherrechte gestärkt – Rückzahlung durch Urteil

    Das Urteil ist nach Rücknahme der Berufung endgültig.Unter „Coachees“ versteht man Kunden von Online-Coachings, also Personen, die digitale Coaching-Pakete wie „Business-Aufbau“, „Mindset“ oder „Digital Reselling“ gebucht haben. Die Kernaussagen: Das Landgericht Landshut hat entschieden:Ein Vertrag über ein Online-Coaching kann wirksam widerrufen werden.Das Urteil ist rechtskräftig, da die Berufung zurückgezogen wurde.Konsequenz: Bereits geleistete Zahlungen müssen erstattet…

    Weiterlesen
    26.09.2025

Bekannt aus

Wirtschafts Woche LogoHandelsblatt LogoFrankfurter Allgemeine LogoBernerZeitungBZ LogoZeit Online Logo