28.10.2024

Erbe ausschlagen: Wann es sinnvoll ist und was dabei zu beachten ist

Ein Erbe kann mit einem Vermögenszuwachs einhergehen, ist jedoch oft auch mit Verpflichtungen verbunden, etwa der Übernahme von Schulden des Verstorbenen. Besonders ungünstig wird es, wenn das Erbe hauptsächlich aus Verbindlichkeiten besteht. Durch eine Erbausschlagung vermeiden Sie diese Schuldenlast, verzichten allerdings auch auf positive Vermögenswerte, den Pflichtteil und persönliche Erinnerungsstücke wie Fotos oder Briefe – es gilt das Prinzip „alles oder nichts“.

Vor einer endgültigen Entscheidung können Sie sich zunächst einen Überblick über das Vermögen und die Schulden des Erblassers verschaffen. Wenn Sie sich gegen das Erbe entscheiden, behandelt das Gesetz Sie dann wie eine verstorbene Person. In diesem Fall treten die im Testament eingesetzten Ersatzerben oder die nächsten gesetzlichen Erben an Ihre Stelle – oft Ihre Kinder. Sollte es sich dabei um minderjährige Erben handeln, müssen beide Elternteile für diese ebenfalls aktiv das Erbe ausschlagen. Innerhalb einer Erbengemeinschaft kann jeder Erbe individuell entscheiden. Teilen Sie Verwandten sicherheitshalber mit, wenn das Erbe überschuldet ist.

Sollten alle gesetzlichen Erben das Erbe ausschlagen, geht es an den Staat über, wobei das jeweilige Bundesland das Vermögen und auch die Schulden übernimmt.

„Sind Sie unsicher, ob Sie das Erbe antreten möchten, dann kennzeichnen Sie alle Ihre Handlungen als „vorläufiger Erbe“ z. B. bei der Entgegennahme von Mietzahlungen für eine Wohnung im Nachlass, um sich Entscheidungsfreiheit zu wahren“ rät Rechtsanwalt István Cocron.

Wann ist es sinnvoll, ein Erbe auszuschlagen?

Nicht nur Schulden können eine Erbausschlagung ratsam machen. Auch in anderen besonderen Fällen ist es sinnvoll, genau abzuwägen, ob Sie das Erbe antreten möchten. 

Erbausschlagung als Ehepartner

Für Ehepartner, die in einer Zugewinngemeinschaft gelebt haben, gelten besondere Regelungen, wenn es darum geht, ein Erbe auszuschlagen. Sie haben die Möglichkeit, das Erbe abzulehnen und trotzdem den Pflichtteil zu beanspruchen. Hat der verstorbene Ehepartner einen hohen Zugewinn erwirtschaftet, kann es für den überlebenden Partner finanziell günstiger sein, auf das Erbe zu verzichten und stattdessen den Zugewinnausgleich sowie den Pflichtteil am verbleibenden Nachlass anzufordern.

Steuern sparen durch Erbausschlagung

Ein Erblasser ohne Kinder vererbt sein Vermögen seinem Bruder, der selbst bereits im hohen Alter ist und keine wirtschaftliche Notwendigkeit für die Erbschaft hat. Um doppelte Erbschaftssteuer zu vermeiden, sollte der Bruder das Erbe ablehnen. So können seine Kinder direkt erben und die Steuer fällt nur einmal an, während sonst zweimal Steuern fällig wären: einmal bei seinem Erbgang und erneut, wenn er stirbt und seine Kinder erben.

Erbausschlagung bei Schulden des Erben

Ein Alleinerbe eines Vermögens von 150.000 Euro hat selbst hohe Schulden und mehrere Kinder. Für ihn könnte es sinnvoller sein, das Erbe auszuschlagen. Würde er es annehmen, käme das Vermögen vor allem seinen Gläubigern zugute und die Kinder gingen leer aus. Durch die Ausschlagung kann der Nachlass direkt an die Kinder übergehen und die Schulden des Erben beeinflussen das Erbe nicht.

Pflichtteilsanspruch statt Erbschaft

Ein Erblasser setzt ein Kind mit einem geringen Erbanteil ein und verlangt zusätzlich jährliche Spenden an einen Verein. Wenn das Kind diesen Bedingungen nicht nachkommen möchte, kann es das Erbe ausschlagen und den Pflichtteilsanspruch geltend machen, um den Nachlass ohne zusätzliche Auflagen zu erhalten. 

So schlagen Sie ein Erbe aus

– Wenn Sie als möglicher Erbe infrage kommen, verschaffen Sie sich möglichst schnell einen Überblick über die Vermögens- und Schuldenlage des Verstorbenen. Prüfen Sie wichtige Dokumente und klären Sie den Kontostand bei Banken.

– Beantragen Sie anfangs keinen Erbschein, da dies automatisch als Annahme des Erbes gewertet wird!

– Sie haben sechs Wochen Zeit, um zu entscheiden, ob Sie das Erbe antreten oder ablehnen, nachdem Sie über das Erbe informiert wurden. Falls der Verstorbene seinen Wohnsitz im Ausland hatte oder Sie sich bei Beginn der Frist selbst im Ausland befinden, verlängert sich die Frist auf sechs Monate. Beachten Sie die Frist, da Sie ansonsten das Erbe einschließlich aller Verpflichtungen antreten.

– Möchten Sie das Erbe ausschlagen, wenden Sie sich an das Nachlassgericht in Ihrem Wohnort oder am letzten Wohnort des Verstorbenen und geben dort Ihre Erklärung ab. Notwendig ist Ihr Personalausweis.

– Alternativ können Sie auch bei einem Notar eine Erklärung abgeben, dass Sie das Erbe ablehnen. Der Notar leitet diese Erklärung beglaubigt an das Nachlassgericht weiter.

– Die Kosten für die Ausschlagung des Erbes richten sich nach dessen Wert. Bei einem Schuldenfall beträgt die Mindestgebühr beim Nachlassgericht 30 Euro. 

Erbschaft im Ausland: Welches Recht ist maßgebend?

Eine Erbausschlagung wird besonders kompliziert, wenn Erblasser und Erben in verschiedenen Ländern ansässig sind – beispielsweise, wenn jemand aus beruflichen Gründen ins Ausland gezogen ist oder der Verstorbene seinen Ruhestand im Ausland verbracht hat. Nach wie vor werden Erben dabei nicht in allen Fällen nach deutschem Erbrecht behandelt.

Mit der europäischen Erbrechtsverordnung, die seit August 2015 in fast allen EU-Ländern außer Dänemark, Irland und Großbritannien gilt, wird die Handhabung grenzüberschreitender Erbfälle nun vereinfacht. Dabei kommt das Erbrecht des Landes zur Anwendung, in dem der Verstorbene seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte – eine Bestimmung, die nicht immer eindeutig ist.

Entscheidend ist, wie stark die Verbindung des Verstorbenen zu seinem letzten Wohnsitzland war. Je enger diese Beziehung, desto eher kommt das Erbrecht des Landes zur Anwendung, was möglicherweise bedeutet, dass ein deutsches Testament in einem anderen Land nicht anerkannt wird. Um dieses Risiko zu vermeiden, kann der Erblasser zu Lebzeiten durch einen Erbvertrag oder ein Testament festlegen, welches Erbrecht gelten soll – sofern er nicht die Staatsangehörigkeit des Landes hat, in dem er schließlich verstirbt.

Für Deutsche, die beispielsweise in Frankreich leben und die französische Staatsangehörigkeit annehmen, besteht keine Möglichkeit mehr, deutsches Erbrecht anzuwenden. Entsprechend können ihre Erben die Erbschaft nicht einfach nach deutschem Recht ausschlagen.

Trotz der vereinfachten Regelungen bergen grenzüberschreitende Erbfälle weiterhin Herausforderungen und Risiken. Eine rechtzeitige Information über geltende Erbrechte und eventuelle Vorsorgemaßnahmen ist daher unerlässlich, wenn Erben die Nachlassregelung ablehnen möchten.

Erbverzicht und Bestattungskosten: Wer trägt die Last?

Allgemein gilt, dass die Erben die Kosten der Bestattung tragen. Sollten jedoch alle Erben das Erbe ausgeschlagen haben, übernehmen die unterhaltspflichtigen Hinterbliebenen die Verantwortung. Dies sind entweder der verbliebene Ehepartner oder – bei minderjährigen Erblassern – die Eltern, oder erwachsene Kinder im Fall der Bestattungskosten für ihre Eltern. Fehlen ausreichende Mittel, springt möglicherweise die Sozialhilfe für die Kosten ein.

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