Viele Senioren beschäftigen sich im Alter intensiv mit der Frage, was mit ihrem Vermögen nach ihrem Tod geschehen soll. Doch nicht immer gibt es nahe Verwandte, die als Erben infrage kommen. Ein Fachanwalt erläutert, welche rechtlichen Möglichkeiten in solchen Fällen bestehen.
Herausforderungen für Senioren ohne Erben
Ältere Menschen leben häufig ohne Partner, Kinder oder nahe Angehörige. „Das hat große Auswirkungen auf die Frage, wer sie im Alter vor einer gesetzlichen Betreuung schützt und wer im Rahmen einer Vorsorgevollmacht Entscheidungen trifft“, erklärt Prof. Wolfgang Böh, Fachanwalt für Erb- und Steuerrecht. Auch bei der Regelung des Nachlasses spielen diese Überlegungen eine zentrale Rolle. „Ohne klare Regelungen kann es passieren, dass der Staat erbt – was meist nicht gewollt ist“, so Böh. Hier sind einige der gängigen Optionen:
Option 1: Gründung einer Stiftung
Bei einem Vermögen im sechsstelligen Bereich ist es möglich, eine Stiftung zu gründen, die den eigenen Namen trägt. „Viele glauben fälschlicherweise, dass hierfür ein wesentlich höheres Vermögen nötig ist, doch das stimmt nicht“, so Böh. „Stiftungen können mit geringem administrativem Aufwandeingerichtet werden. Sie ermöglichen es, einen gemeinnützigen Zweck zu fördern und den eigenen Namen über den Tod hinaus zu erhalten“ erläutert Rechtsanwalt IstvánCocron.
Option 2: Entfernte Verwandte als Erben benennen
Falls entfernte Verwandte existieren, beispielsweise Angehörige des verstorbenen Partners, kann ein Testament helfen, Streit oder Unsicherheiten zu vermeiden. „Im Testament sollte klar geregelt werden, wer erben soll, um langwierige Ermittlungen des Nachlassgerichts zu verhindern“, rät Böh. Zudem sei eine Ersatzerbenregelung sinnvoll, falls der eingesetzte Erbe vorverstorben ist. Dies verhindert, dass ein Nachlasspfleger bestellt werden muss, was zusätzliche Kosten verursacht.
Option 3: Gemeinnützige Organisationen bedenken
Für Senioren, die keine familiären Erben haben oder den Kontakt zur Verwandtschaft vermeiden möchten, bietet sich die Möglichkeit, eine gemeinnützige Organisation als Erben einzusetzen. „Neben moralischen Überlegungen können hier auch erbschaftssteuerliche Vorteile eine Rolle spielen, da Organisationen oft von der Erbschaftssteuer befreit sind“, erklärt Böh. Wichtig sei es jedoch, genau zu prüfen, wie das Erbe verwendet wird und ob die Organisation ihre Zwecke klar definiert hat. Auch könne es sinnvoll sein, mehrere Organisationen zu bedenken und einen neutralen Testamentsvollstrecker einzusetzen, um die zweckgemäße Verwendung sicherzustellen.
Streit und Unklarheiten vermeiden
Unabhängig von der gewählten Option empfiehlt Rechtsanwalt Cocron, frühzeitig klare Regelungen zu treffen. „Eine lebzeitige, schriftliche Verfügung schafft Sicherheit und kann Streitigkeiten vermeiden.“ Eine erbrechtliche Beratung durch Fachanwälte hilft dabei, individuelle Lösungen zu finden und rechtliche Fallstricke zu umgehen.
Senioren ohne Erben haben verschiedene Möglichkeiten, ihre Wünsche und Werte auch über ihren Tod hinaus zu verwirklichen – sei es durch eine Stiftung, die Einsetzung entfernter Verwandter oder die Unterstützung gemeinnütziger Projekte.