24.10.2024

Die Ordnung der Erben: Wer erbt wann und wie viel?

Jeder kann seine Erben selbst bestimmen. Stirbt jedoch jemand ohne Testament oder Erbvertrag, bestimmt das Gesetz die Erbfolge. Das ist in Deutschland häufig der Fall: Laut einer YouGov-Umfrage vom August 2022 haben rund 66 Prozent der Deutschen kein Testament. In rund zwei Dritteln aller Todesfälle regelt also die gesetzliche Erbfolge, wer das Vermögen erhält. Wir erklären, wie du herausfindest, wer in deiner Familie nach der gesetzlichen Erbfolge erbt.

Wie funktioniert das Erbrecht? 

Die Verteilung des Erbes richtet sich nach dem Verwandtschaftsgrad: Zuerst erben Kinder und Enkelkinder, dann entferntere Verwandte wie Geschwister oder Nichten und Neffen. Nähere Verwandte schließen entferntere Verwandte von der Erbfolge aus, d.h. wenn der Erblasser Kinder hat, erben die Geschwister nichts.

Ehegatten und gesetzliche Erben

Ehegatten erben immer neben Verwandten. Wie groß ihr Anteil ist, hängt davon ab, wer sonst noch zur Erbfolge gehört. So erbt der Ehegatte neben den Erben der ersten Ordnung ein Viertel des Nachlasses.

Das gesetzliche Erbrecht teilt die Verwandten in verschiedene Gruppen ein: 

1. erste Ordnung: Kinder und Enkelkinder 

2. Ordnung: Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen 

3. dritte Ordnung: Großeltern, Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen. 

Verwandte einer vorhergehenden Ordnung schließen Verwandte einer nachfolgenden Ordnung von der Erbfolge aus (§ 1930 BGB). Das bedeutet: Hat der Erblasser Kinder, so erben weder seine Eltern noch seine Geschwister als Erben der zweiten Ordnung, erklärt Rechtsanwalt István Cocron, von der Kanzlei Cocron. Hat der Erblasser hingegen keine Kinder, gibt es keine Erben der ersten Ordnung und die Eltern des Erblassers erben als gesetzliche Erben der zweiten Ordnung.

Innerhalb einer Erbfolge gilt das sogenannte Repräsentationsprinzip. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Stirbt der Großvater, erben seine Kinder als Erben der ersten Ordnung und vertreten damit ihre eigenen Nachkommen, die Enkel, die direkt nichts erhalten. Solange ein Bruder oder eine Schwester noch lebt, erben Neffen und Nichten nicht. Umgekehrt treten Kinder an die Stelle eines verstorbenen Elternteils.

Der Ehegatte erbt neben den Verwandten. 

Neben den Verwandten erbt der überlebende Ehegatte des Erblassers. Dieses Ehegattenerbrecht schmälert das Erbrecht der Verwandten (§ 1931 BGB). Der Erbteil des Ehegatten beeinflusst maßgeblich die Erbquoten der übrigen Erben. 

Der überlebende Ehegatte erhält neben Verwandten der ersten Ordnung ein Viertel und neben Verwandten der zweiten Ordnung oder Großeltern die Hälfte des Nachlasses. Häufig erhöht sich der Anteil des Ehegatten auf die Hälfte, wenn die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben (§§ 1931 Abs. 3, 1371 BGB), insbesondere wenn kein Ehevertrag besteht.

Erben erster Ordnung

Erben erster Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers. Zum Zeitpunkt des Todes erbt das lebende Kind neben dem überlebenden Ehegatten. Sind mehrere Kinder vorhanden, wird das Erbe zwischen ihnen und dem Ehegatten aufgeteilt. Innerhalb dieser ersten Ordnung erfolgt die Teilung nach Stämmen, wobei jedes Kind mit seinen Abkömmlingen einen eigenen Stamm bildet. Versterben Kinder vor dem Erbfall, geht das Erbrecht auf ihre Kinder über. Nichteheliche Kinder, die nach dem 1. Juli 1949 geboren sind, haben die gleichen Erbrechte wie eheliche Kinder.

Erben zweiter Ordnung

Sind keine Erben der ersten Ordnung vorhanden, wie z.B. bei kinderlosen Erblassern, kommen die Erben der zweiten Ordnung zum Zug. Dies sind die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, also die Geschwister des Erblassers. Innerhalb der zweiten Ordnung gilt eine Aufteilung nach Linien: Eltern und deren Abkömmlinge erben zu gleichen Teilen. Lebt nur ein Elternteil, erben an dessen Stelle die Geschwister.

Erben dritter Ordnung

Entferntere Verwandte erben, wenn der Erblasser weder Abkömmlinge noch Verwandte der ersten oder zweiten Ordnung hinterlässt. Dazu gehören Großeltern und deren Nachkommen, wie Onkel und Tanten.

Adoptierte Kinder

Adoptierte minderjährige Kinder werden rechtlich wie leibliche Kinder behandelt und gehören zu den Erben erster Ordnung (§ 1754 BGB). Mit der Adoption erlischt das Verwandtschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern und damit auch deren Erbrecht. Volljährige Adoptierte behalten das Verwandtschaftsverhältnis zu ihren leiblichen Eltern und können bis zu vier Erbteile erhalten.

Der Staat als Erbe

Sind keine Erben vorhanden oder schlagen alle Erben die Erbschaft aus, erbt der Staat, und zwar das Bundesland, in dem der Verstorbene zuletzt gelebt hat. Der Staat haftet jedoch nur beschränkt für Nachlassverbindlichkeiten (§ 1936 BGB).

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