Schenkungstatbestand: Der Bundesfinanzhof lässt weiterhin zahlreiche praxisrelevante Fragen unbeantwortet. Der Sachverhalt basiert auf einer Erbauseinandersetzung.
Frankfurt. Mit Paragraf 7 Absatz 8 hat der Gesetzgeber im Erbschaftsteuergesetz einen Tatbestand geschaffen, der darauf abzielt, die als Lücke empfundene Werterhöhung von Anteilen an Kapitalgesellschaften durch Zuwendungen an deren Vermögen steuerlich zu erfassen. Besonders umstritten ist dabei die Situation, in der ein Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft Vermögen zuführt, ohne eine angemessene oder gar keine Gegenleistung zu erhalten – eine sogenannte disquotale Einlage.
Der Gesetzestext ist dabei bewusst weit gefasst formuliert. Demnach gilt auch die Wertsteigerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die eine direkt oder indirekt beteiligte natürliche Person oder Stiftung (der Bedachte) durch die Zuwendung einer anderen Person (der Zuwendende) erfährt, als Schenkung. „Der Text ist nicht auf spezielle Missbrauchsfälle beschränkt, sondern nimmt jede Art von Leistung an eine Kapitalgesellschaft als potenziell schenkungsteuerbare Zuwendung an die Mitgesellschafter ins Visier“ erklärt Rechtsanwalt István Cocron.
Seit jeher wird intensiv darüber debattiert, ob das Gesetz ein subjektives Element erfordert, also das Bewusstsein über eine unausgewogene Leistungsbeziehung. Denn im Geschäftsleben unter fremden Dritten sorgt der natürliche Interessengegensatz dafür, dass sich die Beteiligten in der Regel nichts schenken. Das Finanzgericht Münster hatte in der Vergangenheit bei disquotalen Einlagen in Kapitalgesellschaften ein subjektives Element anerkannt.
Erbschaftsteuer: Bedeutung der Werterhöhung von Anteilen
Mit zwei aktuellen Urteilen hat der Bundesfinanzhof (BFH) jedoch klargestellt, dass das Gesetz keine freigebige Vermögensverschiebung als Voraussetzung sieht. Der zugrunde liegende Sachverhalt beruhte auf einer Erbauseinandersetzung, bei der mehrere Miterben Anteile an einer GmbH erwarben, an der einige bereits indirekt beteiligt waren. Der Kaufpreis für den Erwerb eigener Anteile durch die GmbH lag bei 300.000 Euro, obwohl ein Gutachten vier Jahre zuvor den Wert auf etwa eine Million Euro geschätzt hatte.
Aus diesem Grund sah die Finanzverwaltung eine Bereicherung bei den Gesellschaftern, die vor dem Erbfall beteiligt waren, und erhob anteilig Schenkungsteuer auf die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem aktuell ermittelten gemeinen Wert. Der BFH stellte zur steuerpflichtigen Bereicherung gemäß dem Erbschaftsteuergesetz fest, dass allein die Werterhöhung der Anteile maßgeblich ist. Diese sei anhand der bewertungsrechtlichen Standards zu ermitteln.
Weiter betonte der BFH, dass auch bei einer Werterhöhung eine Steuerbefreiung ausgeschlossen sei, da sich der Gegenstand der Zuwendung auf die Werterhöhung selbst und nicht auf die Anteile an der Gesellschaft beziehe. “Dabei müsse der gemeine Wert des Anteils des bedachten Gesellschafters vor der Leistung mit dem gemeinen Wert nach der Leistung verglichen werden” so Rechtsanwalt Cocron.