Viele Menschen, insbesondere im fortgeschrittenen Alter, fragen sich, wer einmal ihr Vermögen erben soll. Wenn kein Testament vorliegt, gilt die gesetzliche Erbfolge, wonach der Ehepartner in der Regel die Hälfte des Nachlasses erhält und die Kinder den verbleibenden Teil unter sich aufteilen. Doch nicht alle sind mit dieser Regelung einverstanden.
In solchen Fällen kann ein Berliner Testament klare Verhältnisse schaffen. “Hier erklären wir, worum es sich bei diesem Testament handelt, welche Vor- und Nachteile es bietet und wie es sich auf die Kinder auswirkt” so Rechtsanwalt István Cocron.
Was ist das Berliner Testament?
Das Berliner Testament, auch bekannt als Ehegattentestament, ist eine spezielle Form des gemeinschaftlichen Testaments. Es ermöglicht Ehepaaren oder eingetragenen Lebenspartnern, sich gegenseitig als Alleinerben einzusetzen. Die Kinder werden dabei in der Regel als Schlusserben vorgesehen, was bedeutet, dass sie erst erben, wenn beide Eltern verstorben sind. Das Vermögen des zuerst Verstorbenen geht somit an den überlebenden Partner, die Kinder sind faktisch zunächst „enterbt“.
Dieses Vorgehen nennt sich Einheitslösung und ist der übliche Fall. Das Vermögen wird als gemeinsame Einheit betrachtet, über die der überlebende Partner vollständig verfügen kann. Die Kinder behalten jedoch einen Pflichtteilsanspruch.
Beim alternativen Modell, der sogenannten Trennungslösung, bleiben die Vermögenswerte des Verstorbenen getrennt. Der überlebende Partner kann in diesem Fall nur eingeschränkt über das geerbte Vermögen verfügen. Diese Lösung ist insbesondere bei Grundstücken relevant.
Vorteile eines Berliner Testaments
Ein Berliner Testament bietet verschiedene Vorteile. Es ermöglicht, dass das Vermögen auf den überlebenden Partner übergeht, ohne dass es zu Erbstreitigkeiten kommt. Dies ist besonders sinnvoll, wenn das Vermögen hauptsächlich aus einer Immobilie besteht, in der der überlebende Partner weiter wohnen möchte. “Ohne Berliner Testament könnte es erforderlich sein, dass die Kinder ihren Anteil ausgezahlt bekommen, was oft einen Verkauf der Immobilie zur Folge hätte. Bei einem Berliner Testament wird das Erbe erst nach dem Tod beider Eltern unter den Kindern aufgeteilt” erklärt Rechtsanwalt Cocron.
Das Berliner Testament und bindende Verfügungen
In einem gemeinschaftlichen Testament wie dem Berliner Testament können sogenannte wechselbezügliche Verfügungen festgehalten werden. Das sind Anordnungen, bei denen die eine Verfügung nicht ohne die andere gelten würde, wie etwa die wechselseitige Erbeinsetzung oder die Bestimmung der Kinder als Schlusserben. Solche Verfügungen können die Erblasser nicht einseitig widerrufen.
Widerruf und Änderungen des Testaments
Ein weiterer Vorteil ist die Transparenz. Das Testament kann nur gemeinsam geändert werden, indem ein neues Testament aufgesetzt und das alte vernichtet wird. Will hingegen nur einer der Partner eine Änderung vornehmen, muss dieser einen notariellen Widerruf veranlassen, der dem anderen Partner zugestellt wird. Nach dem Tod eines Partners kann das Testament jedoch nicht mehr geändert werden.
Nachteile des Berliner Testaments
Ein Berliner Testament kann steuerliche Nachteile mit sich bringen. Bei höheren Vermögen kann es sinnvoller sein, die Freibeträge der Erbschaftsteuer optimal zu nutzen. Kinder haben pro Elternteil einen Freibetrag von 400.000 Euro. Da sie jedoch als Schlusserben alles auf einmal erhalten, können sie diesen Freibetrag nur einmalig nutzen.
Berliner Testament bei Scheidung und Wiederheirat
Im Falle einer Scheidung verliert das Berliner Testament meist seine Gültigkeit. Es ist jedoch ratsam, das Testament auch dann ausdrücklich zu vernichten. Bei Wiederverheiratung kann es zudem sinnvoll sein, eine Freistellungsklausel oder Wiederverheiratungsklausel in das Testament aufzunehmen, die sicherstellt, dass im Fall einer erneuten Heirat das Erbe oder Teile davon an die Kinder übergehen.
Pflichtteilsanspruch der Kinder
Zwar sieht das Berliner Testament meist nicht vor, dass Kinder bereits beim Tod des ersten Elternteils den Pflichtteil einfordern, doch in einigen Fällen tun Kinder dies. In solchen Fällen greift die sogenannte Pflichtteilsstrafklausel, die besagt, dass ein Kind, das seinen Pflichtteil nach dem Tod eines Elternteils beansprucht, auch beim Tod des zweiten Elternteils nur den Pflichtteil erhält.
Erstellung eines Berliner Testaments
Ein Berliner Testament kann handschriftlich verfasst werden, wobei einer der Partner es niederschreibt und der andere es mit Ort und Datum unterschreibt. „Alternativ kann ein Notar ein solches Testament aufsetzen. Die Notargebühren richten sich dabei nach dem Reinvermögen des Nachlasses“ erläutert Rechtsanwalt Cocron, von der Kanzlei Cocron.
Vordrucke für ein Berliner Testament
Es gibt viele Muster für Berliner Testamente im Internet, doch sie bilden meist nur allgemeine Fälle ab. Ein Testament muss zwingend handschriftlich aufgesetzt werden. Bevor man eine Vorlage übernimmt, sollte man prüfen, ob spezifische Klauseln, wie die Pflichtteilsstrafklausel, eine Wiederverheiratungsklausel oder Regelungen zur Vermögensverteilung, berücksichtigt werden müssen.
Zusätzliche Klauseln im Berliner Testament
Neben den erwähnten Klauseln wie der Freistellungs- oder Wiederverheiratungsklausel können weitere Regelungen aufgenommen werden, etwa zur Vermögensverteilung unter den Kindern, um spätere Konflikte zu vermeiden.