11.02.2025

BGH-Urteil zu Negativzinsen: Was Bankkunden jetzt wissen müssen

Negativzinsen: Unzulässig bei Spar- und Tagesgeldkonten, zulässig bei Girokonten

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat ein wichtiges Urteil zu Negativzinsen gefällt: Banken dürfen auf Spar- und Tagesgeldkonten keine Negativzinsen erheben. Anders sieht es bei Girokonten aus – hier sind Negativzinsen unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Doch was bedeutet das Urteil konkret für Bankkundinnen und -kunden? Und können bereits bezahlte Negativzinsen zurückgefordert werden?

Warum haben Banken Negativzinsen erhoben?

In den vergangenen Jahren haben viele Banken sogenannte Negativzinsen oder Verwahrentgelte eingeführt. Für Kundinnen und Kunden bedeutete dies: Sie mussten Geld bezahlen, um ihr Guthaben auf dem Konto zu lassen – statt dafür Zinsen zu bekommen.

Grund dafür war die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Banken mussten selbst Negativzinsen zahlen, wenn sie Geld bei der EZB parkten, und gaben diese Kosten an ihre Kundinnen und Kunden weiter.

BGH-Urteil: Banken dürfen keine Negativzinsen auf Sparguthaben erheben.

Die Verbraucherzentralen hielten diese Praxis für unzulässig und klagten gegen mehrere Banken und Sparkassen – mit Erfolg. Der Bundesgerichtshof entschied, dass Negativzinsen auf Spar- und Tagesgeldkonten unzulässig sind, weil sie dem eigentlichen Vertragszweck widersprechen:

Zweck von Spareinlagen ist es, das Vermögen natürlicher Personen mittel- bis langfristig aufzubauen und durch die Verzinsung vor Inflation zu schützen. Dieser Charakter des Sparvertrages wird durch die Erhebung eines Verwahrentgelts entgegen den Geboten von Treu und Glauben verändert.

Kurz gesagt: Spar- und Tagesgeldkonten dienen der Vermögensbildung – wenn Banken hier Negativzinsen verlangen, hebeln sie diesen Zweck aus. Das ist laut Bundesgerichtshof nicht mit geltendem Vertragsrecht vereinbar.

Negativzinsen auf Girokonten? Grundsätzlich erlaubt!

Anders sieht es bei Girokonten aus. Laut Bundesgerichtshof ist es zulässig, dass Banken für die Verwahrung des Geldes auf dem Girokonto eine Gebühr erheben. Der Grund: Ein Girokonto dient nicht in erster Linie dem Sparen, sondern der täglichen Zahlungsabwicklung.

Die Entscheidung des BGH zeigt, dass nicht jede Bankgebühr automatisch unzulässig ist. Bei Girokonten steht die Abwicklung des Zahlungsverkehrs im Vordergrund, so dass Banken hier grundsätzlich Verwahrentgelte erheben dürfen“ so Rechtsanwalt István Cocron

Allerdings stellte der BGH klar, dass Vertragsklauseln über Negativzinsen transparent und verständlich sein müssen. Für den Kunden muss klar erkennbar sein, wann und unter welchen Umständen Verwahrentgelte anfallen.

Im aktuellen Fall wurden einige Bankklauseln für unzulässig erklärt, weil sie nicht verständlich genug waren. Verbraucherverbände hätten sich allerdings eine noch strengere Regelung gewünscht.

Rückzahlung möglich – aber Vorsicht Verjährung!

Viele Bankkunden fragen sich jetzt: Kann ich bereits gezahlte Negativzinsen zurückfordern? Grundsätzlich ja! Wer unzulässige Verwahrentgelte gezahlt hat, kann sein Geld von der Bank zurückfordern. Aber: Die Ansprüche könnten verjährt sein.

Laut Verbraucherschützern gelten Ansprüche aus dem Jahr 2022 noch bis Ende 2025. Wer sich bereits mit der Bank über Negativzinsen gestritten oder ein Gerichtsverfahren angestrengt hat, kann möglicherweise auch ältere Ansprüche geltend machen.

Bankkunden sollten ihre Kontoauszüge prüfen und nicht zu lange warten. Wer unsicher ist, ob er Geld zurückfordern kann, sollte sich von einem Anwalt oder der Verbraucherzentrale beraten lassen“ rät Rechtsanwalt Cocron.

Was können Bankkunden jetzt tun?

1. Kontoauszüge prüfen: Sind unzulässige Negativzinsen berechnet worden? Wenn ja, sollte ein Rückforderungsanspruch geprüft werden.

2. Verbraucherzentrale oder Rechtsanwalt kontaktieren: Experten können helfen, die Rechtslage einzuschätzen und mögliche Ansprüche durchzusetzen.

3. Musterbriefe nutzen: Viele Verbraucherzentralen bieten kostenlose Musterbriefe an.

4. Verjährungsfristen beachten: Wer zu lange wartet, kann unter Umständen sein Geld nicht mehr zurückbekommen.

Fazit: BGH schafft Klarheit für Verbraucher

Das Urteil des Bundesgerichtshofs schafft endlich Klarheit für Bankkunden: Negativzinsen auf Spar- und Tagesgeldkonten sind unzulässig, bei Girokonten aber unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt.

Bankkunden sollten nun prüfen, ob sie unzulässige Negativzinsen bezahlt haben und gegebenenfalls ihr Geld zurückfordern. Wer unsicher ist, kann sich an eine Verbraucherzentrale oder einen spezialisierten Rechtsanwalt wenden.

Mit diesem Urteil hat der BGH eine wichtige Weiche für den Verbraucherschutz gestellt – und Bankkunden sollten diese Chance nutzen, um ihr Geld zurückzubekommen!

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